Einleitung: Dr.Hohn
Lesung: Frau Mittelsten Scheid
Eintrag Donnerstag, 3.5.45
Neustadt besetzt.
Eintrag einige Tage später:
Tage der Aufregung, aber auch der Entspannung kamen. K.-Z. Insassen raubten
und plünderten in der Gegend. Aber erst nach dem Ende dieses schrecklichen aller
Kriege müssen wir heute erschüttert feststellen, wie die Führung uns jahrelang
belogen und betrogen hat. Mit welch grausigen Mitteln und Methoden hat sie
ihr Regime gehalten und gestützt. Wer hätte je gedacht, daß ein so blutiger
Terror hinter den Kulissen herrschte. Man hatte zu wenig Interesse und damit
Einblick zur Sache. Der schwerste Schlag, den ein Volk treffen kann, haben wir
erlitten. Deutschland ist nicht mehr und wird nicht mehr werden. Möge die
Vorsehung uns die Kraft geben, unter neuen Gesichtspunkten zu leben und ein
Leben in Frieden zu führen, abseits der großen Politik.
So kapitulierte die gesamte deutsche Wehrmacht am 8. Mai bedingungslos.
Verraten und im Stich gelassen von einer gemeinen Führungsschicht, welche sich
feige verkriecht. Der Selbstmord begeht, um sich der Verantwortung zu entziehen.
6 lange Jahre hat Front und Heimat Unmenschliches geleistet und hat unfassbare
Opfer an Gut und Blut gebracht. Fluch über die, die ein Volk in diesen Abgrund
stürzten.
Evtl. Text zum Muttertag (aus einem Kriegstagebuch des ersten Weltkriegs):
Eintrag vom 25.5.1915
Unter anderem fiel auch von unserer Kompagnie der Gefreite Walter Auras, aus
Völkershausen, der im Oktober 1914 als 17 ½ -jähriger mit dem Bataillon als
Kriegsfreiwilliger ausgerückt war. Er war ein äußerst kluger Mensch und hatte
uns einige Tage vor seinem Tode folgendes von ihm verfaßtes Gedicht vorgelesen:
An meine Mutter!
Vor der Schlacht
Der Feind rückt an! Mit leisem beben
Trennten wir des Schicksals Lauf.
Noch einmal rollt mein ganzes leben
Sich schnell in meinem Geiste auf.
Gleich wie durch dichte Wolkenfülle
Sich bahnt ein mildes Sternenlicht,
Hebt sich aus der Gestalten Fülle
Der Mutter liebes Angesicht.
Ich seh´ im Haus und Hof sie walten,
Ich hör´ der Stimme sanften Ton,
Und seh´ sie ihre Hände falten
In heißer Bitte für den Sohn.
Wie dachten wir gering, wir Jungen
Von des Gebetes Wunderkraft,
Vom Geist der neuen Zeit durchdrungen
Im stolzen Wahn der Wissenschaft!
Heut´ fühl ich, daß auf goldner Leiter
Bei einer Mutter fernem Flehen,
geheimnisvolle Gottesstreiter
Vom Himmel zu der Erde gehen.
Da horch´ dort drüben im Gelände
Ist schon der erste Kampf entbrannt!
Jetzt, Mutter, falte Deine Hände,
Für mich, für Dich, fürs Vaterland.